Geoblocking, adieu!

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Endlich können wir dieses seltene dänische Lakritz direkt aus Dänemark bestellen und die WM auch im Urlaub schauen. Und die Händler? Sie können mit E-Commerce noch mehr Online-Kunden erreichen – vor allem mit der Hilfe von Übersetzern und Lokalisierung.

Ein Beitrag von Gesche, Übersetzerin und #peak-tv-Junkie

1. „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar.“

Oh, wie ich dem Finale der Erfolgsserie „Babylon Berlin“ entgegenfieberte. Ich hatte es an einem Samstag auf stolze sieben Folgen hintereinander gebracht in meinem Binge-Watching-Wahn. Aber nun stand plötzlich der Urlaub in Griechenland vor der Tür. Dem hatte ich ursprünglich auch mal recht leidenschaftlich entgegengefiebert. Jetzt dachte ich nur – eine Woche Strand und Sonne – eine Woche „digital Detox“ – eine Woche kein Babylon!

Als wir schließlich auf dem Deck der Fähre nach Rhodos saßen, hielt ich es nicht mehr aus. Ich schlich ins Bordrestaurant, von dem aus mich schon beim Einsteigen ein kleiner, grüner „WiFi“-Sticker angestrahlt hatte. Meine Hände zitterten vor Spannung, als ich meinen Rechner aufklappte. Ich klickte mich durch auf die Sky Login-Seite – und erstarrte. „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar“ stand dort. Mist, kein Sky-Content außerhalb Deutschlands.

Der Grund für meine Misere: Geoblocking, eine regionale Blockade für Streaming-Inhalte, aber auch für Wareneinkäufe bei Online-Shops, die es Nutzern bis vor einigen Wochen schwer machte, außerhalb des Landes, in dem sie sich gerade befanden, Artikel zu bestellen oder Filme abzuspielen.

2. Was ist Geoblocking?

Geoblocking beschreibt ganz allgemein die Sperrung von Internetinhalten oder URLs für bestimmte IP-Adressen aufgrund deren geografischer Lage. Ganz extreme Beispiele von Geoblocking sind etwa die Zensur bestimmter Internetdomains, wie Google in China.
Geoblocking machte sich in Deutschland bisher vor allem auf zwei Weisen unangenehm bemerkbar:

1. Beim Online-Shoppen konnte es vorkommen, dass Nutzer, die Produkte aus dem EU-Ausland bestellen wollten, beim Besuch der Seite auf die deutsche Seite zwangsumgeleitet wurden oder dass Online- Händler aus dem EU-Ausland keine deutschen Zahlungsmittel akzeptierten. Das war vor allem dann ärgerlich, wenn die Produkte im Ausland deutlich günstiger oder im „Heimatland“ (also dem Standort der IP-Adresse) überhaupt nicht erhältlich waren.

2. Bei dem Versuch, im EU-Ausland Inhalte deutscher Streaming-Anbieter oder Mediatheken anzusehen, tauchte die unliebsame „Dieser Inhalt ist in Ihrem Land nicht verfügbar“ – Nachricht auf. Das war vor allem dann ärgerlich, wenn zum Beispiel Serienjunkies auf Fähren nach Griechenland versuchten, heimlich das Finale ihrer Lieblingsserie zu schauen.

3. Geoblocking, adieu!

Im März diesen Jahres hat die EU eine Verordnung gegen ungerechtfertigtes Geoblocking veröffentlicht. Online-Shops dürfen Kunden mit ausländischer IP-Adresse nicht mehr umleiten. Und Inhalte zahlungspflichtiger Streaming-Abos können zukünftig – unter bestimmten Umständen – im Urlaub aufgerufen werden.

Nicht nur Serienjunkies können also aufatmen: Auch für Liebhaber französischen Weins, britischer Sneakers oder dänischer Lakritze könnte das Einkaufen über EU-Binnengrenzen hinweg durch das neue Geoblocking-Gesetz ein wenig leichter und ein wenig fairer werden.
Die EU will mit der Verordnung (EU) 2018/302 der Diskriminierung von Nutzern aufgrund ihrer Nationalität, dem Wohn- oder Niederlassungsort entgegenwirken. In Kraft treten wird sie im Dezember 2018.

Kann ich jetzt meine Sky-Mediathek im Urlaub angucken, zum Beispiel, wenn ich die WM gucken will? Ja, solange es sich um ein kostenpflichtiges Abo und einen „vorübergehenden Aufenthalt“ in einem EU-Mitgliedsland handelt. Das heißt zum Beispiel, dass die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen ausgenommen sind. Es schließt leider auch aus, dass in Deutschland dauerhaft angemeldete Nutzer plötzlich Netflix UK gucken können.

Kann ich mir jetzt endlich den Limited Release Sneaker aus London bestellen? Theoretisch schon. Allerdings sind die Online-Händler nur verpflichtet, den Kauf zu ermöglichen. Sie müssen sich nicht zwangsläufig um den Versand kümmern, denn das würde vor allem kleine Online-Shops belasten. Notfalls müssen die Käufer also Lieferkosten und –Organisation des Versands selbst übernehmen.

4. Und die Online- Händler?

Weniger Geoblocking bedeutet mehr E-Commerce – und mehr Lokalisierung! Sagen wir mal, die Weinliebhaberin aus Berlin würde sich gerne eine Kiste Pinot Noir aus Burgund bestellen. Der soll „samtig“ und nicht zu „fruchtig“ schmecken. Sie hat jetzt die Möglichkeit, bei verschiedensten Winzern in Frankreich online zu bestellen. Wenn diese ihre Websites übersetzen lassen, können sie wiederum zusätzliche Kunden innerhalb der EU gewinnen, vor allem durch SEO-Optimierung in mehreren Sprachen.

Und wenn sich ein Winzer in Burgund überhaupt erst einmal eine Website zulegen möchte? Dann schaut er sich vielleicht im Internet nach einer günstigen Software um, mit deren Hilfe er schnell eine Seite zusammenbauen kann. Das günstigste Angebot findet er auf einer deutschen Seite. Wenn diese jetzt auch ihre Design-Vorlagen und Domain-Abos für portugiesische Nutzer zur Verfügung stellt, ist es natürlich sinnvoll, die Beschreibungen dafür übersetzen zu lassen.

Und überhaupt, vielleicht sind in Portugal ganz andere Designs gefragt als in Deutschland? Dann tut der Software-Anbieter gut daran, seinen Online-Shop nicht nur übersetzen zu lassen, sondern über eine Rundum-Lokalisierung der angebotenen Produkte nachzudenken.